Zukunftsthemen
07.05.2025Landesbranddirektor (LBD) Thomas Egelhaaf weilte kürzlich als Gast bei der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Feuerwehren mit hauptamtlichen Kräften in Baden-Württemberg (AGHF). Diese tagte im Feuerwehrhotel am Titisee anlässlich der Frühjahrstagung der AGHF. An der Tagung referierte der LBD über hochinteressante Themen der Zukunft, die die Feuerwehren in gravierender Weise betreffen werden.
Novellierung des Feuerwehrgesetzes
Auf der Tagung wurde rege über die Gesetztes-Novellierung diskutiert. Beispielsweise sollten nicht mehr in die heutige Zeit passende Begriffe aus dem Gesetzestext getilgt werden. Egelhaaf warb ausdrücklich für eine Deregulierung im Allgemeinen und auch im Gesetzestext im Besonderen. Doch gebe es, laut Egelhaaf, durchaus Bereiche die noch gar nicht geregelt seien. Dort wo eine Neuregelung sinnvoll wäre, sollte man diese auch angehen. Beispielsweise bei der Definition einer hauptamtlich besetzten Feuerwache. Der Themenkomplex der Dienstaufsicht wurde ebenso thematisiert. Wann muss ein Kreisbrandmeister, ein Bezirksbrandmeister oder der LBD an eine Einsatzstelle hinzukommen? Kann oder müssen dazu Sonder- und Wegerechte in Anspruch genommen werden? Oder wann muss der Jeweilige die Einsatzleitung an sich nehmen? Fragen die es noch zu klären gilt.
Nach dem Anhörungsverfahren der Stadt- und Kreisfeuerwehrverbände sowie nach der erfolgten Themensammlung, soll im Herbst 2025 der erste Gesetzes-Entwurf fertig sein, der vom Landesfeuerwehrbeirat entworfen wird. Mit einer Verabschiedung des neuen Gesetzes rechnet Egelhaaf allerdings erst nach den Landtagswahlen 2026.
Intelligente Fahrzeugtechnik
Egelhaaf kam auch auf kommende Änderungen in der Fahrzeugtechnik zu sprechen. Künftig müssen die Feuerwehren mit neuen Fahrzeug-Assistenzsystemen rechnen, die das Ziel haben das Fahren insgesamt noch sicher zu machen. Soweit so gut. Doch den Feuerwehren könnte die eine oder andere Neuerung im Einsatz auch Schwierigkeiten bereiten: Ein künftiges Fahrzeugsystem wird in naher Zukunft erkennen, ob es sich gerade auf einer Autobahn befindet oder nicht. Dies könnte dann dazu führen, dass ein Einsatzfahrzeug, welches sich auf einer Autobahn im Einsatz befindet, nicht mehr im Rückwärtsgang gefahren werden kann, weil es eine vermeintliche Geisterfahrt detektiert.
Auch reflektierte der LBD einen einschneidenden Impuls aus dem Kreis der Fahrgestell-Hersteller: Der Verkauf von einzelnen Fahrgestellen wird in Zukunft für die Hersteller zunehmend unattraktiv werden. „Ein Klein-Klein werde es dann nicht mehr geben“, so Egelhaaf. Da die Fahrgestelle, aufgrund der strengen Agas-Normen zur Luftreinhaltung, immer mehr an Gewicht zulegen, „werde man sich mittelfristig von den Löschgruppenfahrzeugen in Deutschland verabschieden“, so Egelhaaf weiter. Was heute noch die Gruppe ist, dürfte morgen die Staffel sein, resümierte Egelhaaf. Trotzdem wird am Rhythmus der landesweiten Sammelbeschaffungen festgehalten: 2025 und 2027 werden Löschfahrzeuge vom Typ LF 10 sammelbeschafft, 2026 und 2028 TSF-W.
Kritisches aus anderen Bundesländern
Klar skeptisch war die Versammlung über einen Vorstoß aus Hamburg. Dieser sieht eine Anpassung im dortigen Landesbaurecht vor, nachdem die Schiebleiter als zweiter Rettungsweg zugelassen werden könnte. Dies würde zwar den Quadratmeterpreis beim Wohnungsbau senken, setzt allerdings auch die Einheiten im Feuerwehreinsatz drastisch unter Druck. Denn würde eine Staffel im Erstangriff zur Menschenrettung ausrücken, kann sie aber kaum noch zusätzlich eine Schiebleiter als Rettungsweg in Stellung bringen.
Ein weiterer kritischer Punkt war die Haltung anderer Bundesländer, Brandmeldeanlagen nicht mehr auf die Feuerwehren aufschalten zu lassen. Stattdessen sollten Alarme an private Dienste gehen, die dann die Feuerwehr in Kenntnis setzen. Diese würde dann nur noch mit einem Fahrzeug die Einsatzadresse erkunden. Aus der Kommandanten-Runde wurde von Entwicklungen aus London berichtet: Die dortige Berufsfeuerwehr rückt offenbar nur noch zu BMA-Einsätzen aus, wenn ein reales Feuer gemeldet wird.
Dazu der Kommentar
des Vorsitzenden des KFV Breisgau-Hochschwarzwald (KFV) Christoph Zachow
Doch ziemlich überrascht war der KFV, als er in der Brandhilfe den Artikel „Die Staffel soll die neue Gruppe werden“ (Ausgabe 5/2025, Seite 20) gelesen hatte. Eher beiläufig und geradezu versteckt in einem kleinen und unscheinbaren Artikel über das Frühjahrstreffen der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Feuerwehren mit hauptamtlichen Kräften in Baden-Württemberg (AGHF), kam Landesbranddirektor (LBD) Thomas Egelhaaf auf verschiedene Themen zu sprechen, die in ihrem Kern gravierend für die Feuerwehren sind.
Das Fahrzeugtechnik immer sicherer wird, ist nachvollziehbar und auch voll und ganz zu begrüßen. Auch hat der LBD innerhalb der AGHF offenbar nur Neuigkeiten geteilt. Aber diese Neuigkeiten wurden in der wichtigsten Feuerwehr-Fachzeitschrift von Baden-Württemberg veröffentlicht. Damit haben Aussagen eines LBD ein anderes Gewicht. Man hätte vom LBD in diesem Kontext kritische Töne in Richtung Industrie erwarten können und müssen. Es ist schlicht nicht hinnehmbar, dass Fahrzeuge der BOS auf Autobahnen keinen Rückwärtsgang mehr einlegen sollen können. Man stelle sich den Brand eines Tanklasters auf einer Autobahn vor, der sich weiter ausbreitet. Löschfahrzeuge die den Abstand zum Brandgeschehen vergrößern müssen könnten dann nicht mehr rückwärtsfahren – ein Unding! Es ist darüber hinaus kaum vorstellbar, dass polizeiliche Fahrzeuge künftig solch einem Sicherheitssystem unterworfen sind. Daher: Mehr Sicherheit in Privat-Fahrzeugen ja, aber nicht zu Lasten der notwendigen Bewegungsfreiheit von Fahrzeugen der BOS. Diese Entwicklung wird der KFV im Auge behalten und sich gegen solche Einschränkungen zur Wehr setzen.
Im Einsatzwesen setzt sich die Staffel als ersteintreffende taktische Einheit immer mehr durch. Schon heute sind Fahrzeugkonzepte in Planung, die den Erstausrücker der Wehr als Staffelfahrzeug bewusst vorsehen. Das ist eine Entwicklung, die hauptsächlich der sinkenden Tagesverfügbarkeit geschuldet ist und zeigt einerseits die Kreativität und andererseits die Veränderungsbereitschaft der Feuerwehren auf veränderte Umgebungsbedingungen im Alltag. Keiner kann aus der Glaskugel ablesen, welche Entwicklungen in einer fernen Zukunft auf die Feuerwehr-Welt wartet. Aber heute die Aussage treffen, dass es „mittelfristig“ keine Löschgruppenfahrzeuge mehr geben wird, ist äußerst kühn und erscheint abstrakt. Das klingt fast so, als ob die Industrie den Behörden den künftigen Rahmen diktiert. Das ist jedenfalls keine gute Entwicklung die die Verbände gutheißen können.
Die Industrie muss mit der Zeit gehen, das leuchtet ein. Auch die Feuerwehren müssen das tun – und sie tun dies auch, schon immer, siehe oben. Aber den gegenwärtig wichtigsten Fahrzeugtyp mittelfristig nicht mehr anzubieten, das ist nicht im Interesse der Feuerwehren. Es muss eine gesunde Entwicklung in die richtige Richtung geben. Und eine solche kann nicht einseitig vorgegeben werden. Die Verbände werden das kritisch verfolgen.
Brandmeldeanlagen (BMA) können für alle Beteiligten nervig sein. Für die Betreiber sowie die betroffenen Menschen genauso wie für die Feuerwehren. Aber ihr Zweck ist genauso unbestritten wie ihre Existenz; ob dies auch die Aufschaltung bei der Feuerwehr auch in Zukunft miteinschließt, sollte durchaus Gegenstand von Fachdiskussionen sein. Aber dass man sich mit gewachsenen, um nicht zu sagen verkrusteten, Gegebenheiten einmal kritisch auseinandersetzt, dass muss erlaubt sein und ist aus Sicht der Verbände auch ausdrücklich erwünscht. BMA sorgen in vielen Wehren für häufiges Ausrücken, ohne das ein Auslösegrund vorliegt. Dies kann verbreitet Frust bei der Mannschaft auslösen und sich demotivierend auf den Feuerwehrdienst auswirken – und dies egal ob man sich beruflich oder ehrenamtlich im Dienst befindet. Es kann Feuerwehrleute also in negativer Weise belasten. Damit muss dies ein Thema für die Verbände sein oder werden. BMA sind komplexe Gebilde, die von Menschen erschaffen wurden. Daher können damit verbundene Probleme auch nachhaltig von Menschen gelöst werden – und dies erscheint auch angezeigt.
Durch veränderte, strengere, Anschlussbestimmungen der BMA, in Verbindung mit cleveren technischen Lösungen, sollten sich Fehlalarmierungen in naher Zukunft deutlich reduzieren lassen. Dies muss ein hohes Ziel werden. Offenbar braucht es hier neue Wege um zu neuen Ergebnissen zu gelangen und dies ohne gravierend an Sicherheit einbüßen zu müssen. Fangen wir damit lieber heute als morgen an. Und: lieber fährt heute nur noch ein Löschfahrzeug zu einer ausgelösten BMA, als morgen gar kein Fahrzeug mehr.
Christoph Zachow
Vorsitzender
KFV Breisgau-Hochschwarzwald